Arten von Wertpapieren

Wertpapiere stellen einen Eckpfeiler des modernen Finanzwesens dar. Für Anleger ist es unerlässlich, die juristische und praktische Definition dieser Anlageinstrumente zu verstehen, da sie die Grundlage für Eigentumsrechte, Übertragbarkeit und letztlich auch den Anlegerschutz bildet. In Österreich wird der Rahmen hierfür maßgeblich durch das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 (WAG 2018) sowie das allgemeine Zivil- und Handelsrecht bestimmt.

Definition und Charakteristika gemäß WAG 2018

Traditionell sind Wertpapiere als Urkunden über Vermögensrechte definiert, wobei die Ausübung und Übertragung dieser Rechte an den physischen Besitz der Urkunde gebunden ist. Diese Definition mag historisch korrekt sein und erfüllt wichtige Funktionen wie die Legitimation des Inhabers, den Transport des Rechts und die Lieferfunktion.

Jene Wertpapiere, die am Kapitalmarkt gehandelt werden und massenhaft umlauffähig sind, werden als Effekten bezeichnet. Die Umlauffähigkeit und die Möglichkeit des sicheren Erwerbs sind notwendig, um einen effizienten Kapitalmarkt zu bilden und den sogenannten Verkehrsschutz zu gewährleisten.

Die praktische Realität des modernen Wertpapiergeschäfts hat sich jedoch längst von der physischen Urkunde entfernt. Der Handel vollzieht sich heute nahezu ausschließlich im sogenannten stückelosen Effektenverkehr. Dies bedeutet, dass die Übertragung der Papiere nicht durch körperliche Übergabe erfolgt, sondern durch eine bloße elektronische Verbuchung in den Depots – das sogenannte Effektengiro. Dieser digitale Wandel erfordert ein hoch entwickeltes Depotrecht, welches die zivilrechtlichen Aspekte der Verwahrung und Verwaltung der Wertpapiere klar regelt. Die Rechte der Anleger basieren somit nicht mehr auf dem Besitz eines Papiers, sondern auf der korrekten Führung ihres Depots durch die Depotbank.

Übertragbarkeit: Inhaber-, Order- und Namenspapiere

Die Art und Weise, wie die Rechte aus einem Wertpapier übertragen werden können, klassifiziert die Papiere in drei Hauptkategorien. Diese Klassifizierung ist entscheidend für die Verkehrsfähigkeit am Markt:

  1. Inhaberpapiere: Diese sind am leichtesten handelbar. Die Übertragung der Rechte erfolgt durch die einfache Übergabe der Urkunde. Die meisten börsengehandelten Wertpapiere, wie Aktien und Anleihen, sind als Inhaberpapiere ausgestaltet, um eine schnelle und massenhafte Übertragung zu ermöglichen.
  2. Orderpapiere: Hier ist die Übertragung anspruchsvoller. Zusätzlich zur Übergabe der Urkunde ist ein sogenanntes Indossament, also ein Übertragungsvermerk auf der Urkunde selbst, erforderlich. Bekannte historische Beispiele sind Wechsel oder Namensschecks, wobei sie im modernen Kapitalmarkt weitgehend durch elektronische Registrierung ersetzt wurden.
  3. Namenspapiere: Diese Papiere sind am wenigsten verkehrsfähig. Die Übertragung ist am aufwendigsten, da neben der Übergabe auch eine Umschreibung im Register des Emittenten notwendig ist, was den Handel stark verlangsamt.

Die Säulen der traditionellen Veranlagung: Aktien und Anleihen

Die fundamentale Entscheidung für jeden Kapitalanleger betrifft die Wahl des Status, den er gegenüber dem Emittenten einnehmen möchte: Ist der Anleger Miteigentümer oder ist er Gläubiger? Diese Unterscheidung bestimmt die Rechte, die Risikoposition und die Priorität im Insolvenzfall.

Die Kapitalbeteiligung: Aktien als Eigenkapital

Wer Aktien kauft, erwirbt Anteile am Eigenkapital einer Aktiengesellschaft (AG). Damit wird der Anleger zum Miteigentümer des Unternehmens.

Stamm- und Vorzugsaktien

Der Hauptunterschied zwischen den gängigen Aktienformen liegt in den zugewiesenen Rechten:

  • Stammaktien: Gewähren dem Aktionär die vollen Miteigentümerrechte, insbesondere das Stimmrecht in der Hauptversammlung. Dies ist für Anleger relevant, die aktiv Einfluss auf die Unternehmensführung nehmen wollen.
  • Vorzugsaktien (VZA): Diese Aktientitel gewähren in der Regel einen bevorzugten Anspruch auf die Verteilung der Vermögenswerte, typischerweise in Form einer garantierten oder höheren Dividende. Im Gegenzug verzichten Vorzugsaktionäre in den meisten Fällen auf ihr Stimmrecht.

Die Vorzugsaktie bietet somit eine Kompensation für den Verzicht auf Einflussnahme. Allerdings erhalten Vorzugsaktionäre, selbst wenn sie einen bevorzugten Anspruch auf Vermögenswerte haben, ihre Zahlungen im Insolvenzfall erst nach den Anleihegläubigern. Ungeachtet der Präferenz bleibt die Aktie somit Eigenkapital und ist dem Fremdkapital (Anleihe) im Rang untergeordnet. Dies verdeutlicht, dass das Risiko des Totalverlusts bei Aktien strukturell das höchste in der traditionellen Kapitalstruktur ist.

Zu den Vorzugsaktien zählen spezielle Unterformen wie kumulative Vorzugsaktien, bei denen nicht gezahlte Dividenden nachgezahlt werden müssen, sowie wandelbare Vorzugsaktien.

Der Handel an der Wiener Börse

Die Wiener Börse segmentiert den Aktienhandel, um unterschiedliche Transparenz- und Publizitätspflichten abzubilden. Das Segment prime market stellt die höchsten Anforderungen an Transparenz und Berichterstattung. Für kleinere oder international weniger sichtbare Unternehmen stehen Segmente wie der mid market (continuous oder auction) und der standard market zur Verfügung, die ebenfalls in Continuous- und Auction-Handel unterteilt sind. Diese Segmentierung beeinflusst die Liquidität und die Sichtbarkeit der einzelnen Titel maßgeblich.

Die Fremdfinanzierung: Anleihen und Schuldverschreibungen

Im Gegensatz zur Aktie, die eine Beteiligung darstellt, ist die Anleihe (Schuldverschreibung) ein Fremdfinanzierungsinstrument. Der Käufer einer Anleihe leiht dem Emittenten – sei es ein Unternehmen oder die öffentliche Hand – für eine fest vereinbarte Laufzeit Kapital.

Die Anleihe garantiert dem Anleger das Recht auf regelmäßige Zinszahlungen, den sogenannten Kupon, und vor allem das Recht auf die Rückzahlung des Kapitals (Tilgung) am Ende der Laufzeit.

Der primäre Schutzmechanismus für Anleihegläubiger ist ihr Status als Gläubiger. Im Falle einer Insolvenz des Emittenten werden Anleihegläubiger vorrangig gegenüber den Aktionären behandelt.

Im Detail lassen sich die Rechte und Prioritäten im Kapitalmarkt wie folgt zusammenfassen:

  • Der Aktieninhaber ist Miteigentümer und trägt das höchste unternehmerische Risiko.
  • Der Anleihegläubiger ist Fremdkapitalgeber mit festem Zinsanspruch und Rückzahlungsrecht.
  • Im Insolvenzfall des Emittenten haben Anleihegläubiger eine vorrangige Behandlung gegenüber den Aktionären.

Staats- und Unternehmensanleihen im Vergleich

  • Staatsanleihen (Government Bonds): Sie dienen Staaten als Finanzierungsmittel und gelten, sofern der Emittent über eine gute Bonität verfügt, als relativ sichere Anlageform.
  • Unternehmensanleihen (Corporate Bonds): Diese bieten oftmals höhere Zinsen (Kupon) als Staatsanleihen, da sie ein höheres Ausfallrisiko in sich tragen. Unternehmensanleihen sind aufgrund dieses inhärenten Risikos nicht als primärer Sicherheitsbaustein einer Geldanlage geeignet. Die Bonität des Unternehmens ist der entscheidende Faktor.

Der Begriff Junk Bonds oder Hochzinsanleihen beschreibt Anleihen von Unternehmen mit schlechter Kreditwürdigkeit. Hier steigt die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit des Emittenten signifikant, was das Risiko des Totalverlusts erhöht. Neben dem reinen Ausfallrisiko spielt auch die Liquidität eine Rolle. Ein niedriges Handelsvolumen kann die Handelbarkeit einer Unternehmensanleihe beeinträchtigen. Wenn der sogenannte Bid-ask-Spread (die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis) hoch ist, deutet dies auf eine geringe Liquidität hin. Für Anleger bedeutet eine geringe Liquidität, dass sie im Bedarfsfall möglicherweise nicht rasch an der Börse verkaufen können oder zusätzliche Kursverluste durch hohe Transaktionskosten hinnehmen müssen.

Sonderformen von Schuldverschreibungen

Am Markt existieren komplexe Hybridformen, die Elemente von Anleihen und Aktien kombinieren:

  • Wandelschuldverschreibungen (Convertible Bonds): Diese Papiere sind zunächst Anleihen und bieten dem Käufer Zinsansprüche. Sie enthalten jedoch das Recht, die Anleihe am Ende der Laufzeit in eine vorher festgelegte Anzahl von Aktien des emittierenden Unternehmens umzutauschen. Sie bieten die Sicherheit der Gläubigerstellung, verbunden mit dem Kurspotenzial der Aktie.
  • Aktienanleihen: Sie ähneln klassischen Anleihen mit fester Laufzeit und Zinszahlung. Die Besonderheit liegt in der Rückzahlung: Diese ist an die Entwicklung einer bestimmten Aktie gebunden. Fällt der Kurs der Aktie unter eine bestimmte Schwelle, erhält der Gläubiger am Ende der Laufzeit nicht den Nennwert in bar, sondern eine festgelegte Anzahl der Aktie. Dies kann zu Kapitalverlusten führen und macht Aktienanleihen zu einer grundsätzlich riskanteren Finanzanlage.

Die folgende Tabelle fasst die fundamentalen Unterschiede der traditionellen Anlageformen zusammen:

Gegenüberstellung wichtiger Wertpapierarten: Rechte, Risiko und Schutz

Merkmal Aktie (Stamm) Unternehmensanleihe Investmentfonds/ETF (OGAW) Zertifikat
Status des Anlegers Miteigentümer Gläubiger (Fremdkapitalgeber) Anteilseigner am Sondervermögen Gläubiger des Emittenten
Einkommenstrom Dividende (gewinnabhängig) Zinszahlung (Kupon, fest vereinbart) Ausschüttung/Thesaurierung (Erträge) Rückzahlung, Kupon oder Bonus (emissionsabhängig)
Insolvenzrisiko Emittent Hoch (Nachrangigkeit) Hoch (Bonität entscheidend) Gering (Sondervermögen geschützt) Hoch (Emittentenrisiko trägt Anleger)
Hauptrisiko Kursrisiko, Unternehmenspleite Ausfallrisiko (Emittent), Zinsänderungsrisiko Marktrisiko (Streuung gemindert) Emittentenrisiko und Marktrisiko
Rechtsgrundlage AT UGB, AktG UGB, WAG 2018 InvFG 2011 WAG 2018, Schuldrecht

Der fundamentale Anlegerschutz: Emittentenrisiko versus Sondervermögen

Für Anleger am österreichischen Kapitalmarkt ist die Unterscheidung zwischen dem direkten Emittentenrisiko und dem Schutz durch Sondervermögen die wohl wichtigste strukturelle Unterscheidung im gesamten Wertpapiergeschäft.

Das Emittentenrisiko: Die Bonität des Schuldners

Als Emittentenrisiko wird die Gefahr bezeichnet, dass der Herausgeber eines Finanzproduktes seinen eingegangenen Zahlungsverpflichtungen aufgrund von Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz nicht nachkommen kann. Da die meisten Wertpapiere entweder Anteile (Aktien) oder Schuldtitel (Anleihen, Zertifikate) darstellen, tragen Anleger bei diesen Produkten immer das Bonitätsrisiko des Emittenten. Ein historisch prominentes Beispiel war die Insolvenz des Bankhauses Lehman Brothers in den Jahren 2008/09, bei der Anleger in Zertifikate dieses Emittenten hohe Verluste hinnehmen mussten.

Zur Bewertung dieses Risikos dienen Ratings, die die Kreditwürdigkeit von Unternehmen oder Staaten einschätzen. Ein gutes Rating bedeutet zwar ein geringeres Verlustrisiko, geht aber meist mit niedrigeren Kupons oder geringeren Renditechancen einher.

Der essenzielle Schutz durch das Sondervermögen

Im Gegensatz zu direkten Schuldverschreibungen bieten kollektive Anlageprodukte wie Investmentfonds und ETFs einen strukturellen Schutz durch das Prinzip des Sondervermögens.

Das Fondsvermögen – also die tatsächlichen Anlagen, die der Fonds hält – ist gesetzlich streng getrennt vom Vermögen der Kapitalanlagegesellschaft (KAG), die den Fonds verwaltet, sowie von der Depotbank, die die Wertpapiere verwahrt. Dieser Schutz ist im österreichischen Investmentfondsgesetz verankert. Die Fondsanteile stehen dabei im Miteigentum der Anteilinhaber.

Der entscheidende Vorteil für den Anleger: Im Falle eines Konkurses der KAG oder der Depotbank fällt das Fondsvermögen nicht in die Insolvenzmasse. Die Anleger behalten den Zugriff auf ihre Fondsanteile und sind vor dem Verlust aufgrund der Insolvenz des Dienstleisters geschützt.

Die Wahl zwischen einem Index-ETF (geschützt als Sondervermögen) und einem Index-Zertifikat (ungeschützter Schuldtitel des Emittenten) ist somit primär eine Entscheidung über das Emittentenrisiko. Beim ETF ist das Risiko auf die reine Markt- und Indexentwicklung beschränkt, während beim Zertifikat das Markt- und das Bonitätsrisiko des Emittenten getragen werden muss.

Kollektives Investment: Fonds und Exchange Traded Funds (ETFs)

Kollektive Anlageformen ermöglichen eine breite Risikostreuung bereits bei geringem Kapitaleinsatz. Sie stellen für Privatanleger einen der wichtigsten Zugänge zum Kapitalmarkt dar.

Regulatorische Rahmenbedingungen: OGAW und AIF

Die EU-weit vereinheitlichte OGAW-Richtlinie (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) bildet den strengsten Standard für Publikumsfonds und ETFs. OGAW unterliegen klaren Vorgaben bezüglich Risikostreuung und Liquidität, was dem Anlegerschutz dient.

Demgegenüber stehen die Alternativen Investmentfonds (AIF). Dies sind Organismen für gemeinsame Anlagen, die Kapital einsammeln, aber aufgrund ihrer Anlagestrategie nicht der OGAW-Richtlinie unterliegen. Zu AIF zählen beispielsweise Spezialfonds, Immobilien-Investmentfonds oder Private-Equity-Fonds. Sie werden in Österreich durch das AIFM-Gesetz geregelt.

Aktive und passive Strategien

  • Aktive Fonds: Hier delegieren Anleger die genaue Zusammensetzung des Portfolios an einen oder mehrere Manager. Ziel ist es, durch aktive Entscheidungen den Markt (Benchmark) zu übertreffen (Outperformance). Dieser zusätzliche Verwaltungsaufwand schlägt sich typischerweise in höheren laufenden Kosten (Total Expense Ratio – TER) nieder.
  • Passive Anlagen (ETFs): Exchange Traded Funds bilden einen zugrunde liegenden Index (wie den MSCI World oder den DAX) 1:1 ab, ohne dass ein aktives Management eingreift, selbst bei deutlichen Marktschwankungen. Dies führt zu deutlich niedrigeren Verwaltungskosten. Ein signifikanter Trend ist die Nutzung thematischer ETFs, die spezifische Megatrends wie KI, Robotik, Cyber Security oder Nachhaltigkeit abbilden.

Besteuerung von Fonds: Ausschüttend vs. Thesaurierend

Die Unterscheidung zwischen ausschüttenden und thesaurierenden Fonds ist steuerlich relevant:

  • Ausschüttende ETFs: Schütten die erzielten Erträge (Zinsen, Dividenden) direkt auf das Verrechnungskonto des Anlegers aus. Die Kapitalertragsteuer (KESt) wird von der steuereinfachen Depotbank direkt bei der Auszahlung abgezogen.
  • Thesaurierende ETFs: Reinvestieren die Erträge automatisch in den Fonds. Dies ermöglicht es Anlegern, optimal vom Zinseszinseffekt zu profitieren, da das Kapital schneller wieder arbeitet. Obwohl die Besteuerung der ausschüttungsgleichen Erträge theoretisch gleich ist, muss die Kapitalanlagegesellschaft oder der Steuervertreter diese Erträge melden (Meldefonds-Regelung), was bei ausländischen Fonds zu Komplikationen führen kann.

Die Komplexität strukturierter Produkte und Derivate

Strukturierte Produkte wie Zertifikate stellen oft eine Brücke zwischen klassischen Wertpapieren und komplexen Derivaten dar. Sie sind in Österreich ebenfalls dem WAG 2018 unterstellt.

Zertifikate: Die Schuldverschreibung als Anlagevehikel

Zertifikate bündeln meist standardisierte Finanzderivate und dienen dazu, spezifische Anlagekonzepte oder kurzfristige Trends abzubilden. Ein wesentlicher Vorteil für die Emittenten ist die Geschwindigkeit: Zertifikate können im Gegensatz zu Fonds innerhalb kurzer Zeit (manchmal 24 Stunden) auf den Markt gebracht werden. Dies ermöglicht es, schnell auf aktuelle Marktgegebenheiten oder spezifische Anlegerwünsche zu reagieren.

Die Vielfalt der Typen ist groß und reicht von relativ konservativen Kapitalschutz-Zertifikaten über Bonus- und Express-Zertifikate bis hin zu risikoreichen Discount- oder Faktor-Zertifikaten.

Der entscheidende Unterschied zu Investmentfonds liegt in der Rechtsnatur: Zertifikate sind rechtlich Schuldverschreibungen des Emittenten (typischerweise einer Bank). Sie genießen daher keinen Schutz durch das Sondervermögen. Der Anleger trägt das unvermeidliche Emittentenrisiko voll und ganz. Im Falle der Insolvenz des Emittenten droht der Totalverlust des eingesetzten Kapitals, unabhängig davon, wie sich der zugrunde liegende Basiswert (etwa ein Index oder eine Aktie) entwickelt hat.

Optionsscheine: Hoher Hebel und Totalverlustrisiko

Optionsscheine sind klassische Hebelprodukte, die dem Inhaber das Recht einräumen – aber nicht die Pflicht -, einen Basiswert zu einem fest definierten Basispreis innerhalb einer bestimmten Laufzeit zu kaufen (Call) oder zu verkaufen (Put).

Optionsscheine eignen sich zur Verfolgung einer starken, kurzfristigen Marktmeinung. Die Hebelwirkung führt dazu, dass bereits kleine Kursbewegungen des Basiswerts zu überproportionalen Gewinn- oder Verlusten führen können. Das Risiko bei Optionsscheinen ist hoch, und es droht explizit der Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

Noch riskanter sind Faktor-Optionsscheine, bei denen die tägliche Wertentwicklung des Basiswerts um einen festen Faktor (typischerweise zwei bis zehn) vervielfacht wird. Dies beschleunigt sowohl Gewinne als auch Verluste extrem stark.

Die österreichische Infrastruktur und die Wahl der Depotbank

Für Privatanleger in Österreich ist die Wahl der Depotbank von großer praktischer und steuerlicher Bedeutung. Das Wertpapierdepot muss bei einem konzessionierten Kreditinstitut oder Broker eröffnet werden.

Die zentrale Rolle der Depotbank

Bei Investmentfonds (OGAW und AIF) ist die Depotbank die zwingend zu bestellende Verwahrstelle. Sie ist nicht nur für die sichere Verwahrung der Wertpapiere und Kontenführung zuständig, sondern überwacht auch die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen. Die Sicherung der Vermögensgegenstände ist ihre Hauptaufgabe.

Für den Privatanleger ist die größte praktische Relevanz der inländischen Depotbank deren Funktion als Abzugsverpflichteter. Inländische Kreditinstitute müssen die Kapitalertragsteuer (KESt) automatisch einbehalten, den Verlustausgleich durchführen und an das Finanzamt abführen. Diese sogenannte Steuereinfachheit minimiert den administrativen Aufwand für den Anleger erheblich.

Kostenstrukturen im Blick

Die Kosten für den Wertpapierhandel lassen sich typischerweise in drei Kategorien unterteilen:

  1. Depotgebühren: Jährliche Gebühren für die Verwahrung. Viele moderne Online-Broker in Österreich verzichten darauf, während traditionelle Banken diese noch erheben können.
  2. Ordergebühren: Die Kosten für den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren, die oft als Fixbetrag, kombiniert mit einem prozentualen Anteil oder einer volumenabhängigen Staffelung, berechnet werden.
  3. Verrechnungskontogebühren: Kosten für das Giro- oder Verrechnungskonto, über das die Transaktionen abgewickelt werden.

Anleger sollten zudem auf die Gebühren für Depotüberträge achten, die – insbesondere bei einem Wechsel zu einem anderen Broker – pro Position einen hohen Fixbetrag ausmachen können.

Die ökonomische Bedeutung der Steuereinfachheit

Die Entscheidung für einen steuereinfachen Broker in Österreich ist nicht nur eine Frage der Bequemlichkeit, sondern eine notwendige Maßnahme zur Renditeoptimierung. Die österreichische Gesetzgebung zur Besteuerung von Kapitalerträgen, insbesondere bei ausländischen Fonds und ETFs, ist hochkomplex.

Wenn ein ausländischer Fonds oder ETF die steuerrelevanten Daten (ausschüttungsgleiche Erträge) über die Oesterreichische Kontrollbank (OeKB) meldet, gilt er als Meldefonds. In diesem Fall erfolgt die Besteuerung transparent und korrekt, wenn die inländische Depotbank die Daten verarbeitet.

Verwendet der Anleger jedoch einen Fonds, der keine solchen Daten liefert (Nicht-Meldefonds), greift die punitive pauschale Besteuerung. Die KESt von 27,5 Prozent wird dann pauschal auf 90 Prozent des jährlichen Kursgewinns erhoben, mindestens jedoch auf 10 Prozent des Fondswertes am Jahresende. Diese pauschale Mindestbesteuerung kann dazu führen, dass Anleger besteuert werden, obwohl der Fonds gar keinen Gewinn erwirtschaftet hat oder nur sehr geringe Erträge erzielte. Die potenziellen steuerlichen Nachteile übersteigen die Kostenersparnis bei ausländischen oder nicht-steuereinfachen Anbietern oft bei Weitem. Daher wird Privatanlegern dringend empfohlen, ausschließlich steuereinfache, inländische Depotbanken zu nutzen.

Der unverzichtbare Faktor: Die Besteuerung von Wertpapiererträgen in Österreich

In Österreich existiert für Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren keine Spekulationsfrist mehr. Gewinne, unabhängig von der Haltedauer, unterliegen der fixen Kapitalertragsteuer (KESt). Diese Steuer wird bei inländischen Einkünften aus Kapitalvermögen automatisch durch die Bank (die auszahlende Stelle) einbehalten und direkt an das Finanzamt abgeführt.

Die zwei Sätze der Kapitalertragsteuer

Die KESt gliedert sich in zwei Hauptsätze, die sich nach der Art des Kapitalertrags richten:

  • Zinsen aus nicht verbrieften Geldeinlagen bei Kreditinstituten (wie Sparbuch, Girokonto oder Festgeld) unterliegen dem reduzierten KESt-Satz von 25,0 Prozent.
  • Sämtliche Veräußerungsgewinne (Aktien, Anleihen) sowie Dividenden und Fondserträge werden mit dem Standard-Satz von 27,5 Prozent belastet.
  • Einkünfte aus nicht verbrieften Derivaten (wie CFDs, Forwards, Swaps, Futures, Optionen) unterliegen im Zweifel dem progressiven Einkommensteuersatz (bis zu 55 Prozent), sofern keine freiwillige Abführung durch eine inländische oder ausländische auszahlende Stelle in Höhe der KESt von 27,5 Prozent erfolgt.

Österreichische Kapitalertragsteuer (KESt) auf gängige Erträge

Kapitalertragsart KESt-Satz Basis/Anmerkung
Zinsen aus Bankguthaben (Sparbuch, Giro, Festgeld) 25,0 % Gilt für nicht verbriefte Geldeinlagen bei Kreditinstituten in Österreich
Dividenden aus Aktien und GmbH-Beteiligungen 27,5 % Gilt für laufende Gewinnausschüttungen
Kursgewinne (Veräußerung) aus Aktien, Anleihen, verbriefte Derivate 27,5 % Keine Spekulationsfrist mehr
Erträge aus Investmentfonds und ETFs (Meldefonds) 27,5 % Ordentliche und ausschüttungsgleiche Erträge
Erträge aus nicht verbrieften Derivaten (z.B. CFDs) Progressiver Einkommensteuersatz Wenn keine freiwillige Abführung durch auszahlende Stelle erfolgt

Der KESt-Verlustausgleich und die Selbstveranlagungspflicht

Inländische, steuereinfache Depotbanken verrechnen Verluste aus dem Verkauf von Wertpapieren automatisch mit Gewinnen aus anderen Wertpapierveräußerungen oder laufenden Erträgen wie Dividenden und Zinsen. Dies geschieht im Rahmen des sogenannten Verlustausgleichs und minimiert die Steuerlast für den Anleger.

Werden Kapitalerträge jedoch im Ausland erzielt und unterliegen dort nicht der österreichischen KESt, müssen diese Einkünfte im Rahmen der jährlichen Steuererklärung (Anhang E1kv) selbst deklariert werden, sofern sie den Freibetrag von 22 Euro übersteigen. Dies betrifft insbesondere Sparzinsen bei ausländischen Banken oder Substanzgewinne aus Depots im Ausland.

Aktuelle Entwicklungen: Digitalisierung und neue Anlageklassen

Die rasante technologische Entwicklung und die Einführung neuer Anlageklassen stellen den österreichischen Kapitalmarkt und die Aufsichtsbehörden vor kontinuierliche Herausforderungen.

Kryptowerte und die MiCAR-Regulierung

Kryptowerte, wie Bitcoin oder Ether, haben die Frage nach der Definition des klassischen Wertpapiers neu aufgeworfen. Die Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCAR) ist der neue EU-weite Rechtsrahmen, der Kryptowerte reguliert.

MiCAR gilt für Krypto-Vermögenswerte, die nicht bereits von bestehenden Finanzdienstleistungsvorschriften, insbesondere der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II), erfasst sind. MiCAR unterscheidet dabei zwischen vermögenswertereferenzierten Token (ART), E-Geld-Token (EMT) und sonstigen Krypto-Vermögenswerten. Wenn ein Krypto-Vermögenswert jedoch die Merkmale eines traditionellen Wertpapiers erfüllt (zum Beispiel ein tokenisierter Aktienanteil), fällt er weiterhin unter das WAG 2018. Die Klassifizierung bestimmt den Umfang der Anforderungen an die Emittenten.

Die IKT-Risiken und die digitale Resilienz

Die Verwahrung von Wertpapieren erfolgt heute fast ausschließlich digital. Die österreichischen Finanzdienstleister nutzen Cloud-Dienstleistungen und automatisierte Datenschnittstellen intensiv. Die physische Gefahr des Verlusts einer Urkunde ist dadurch entfallen.

Dafür ist ein neues, systemisches Risiko entstanden: das IKT-Ausfallsrisiko oder Cyberrisiko. Die Abhängigkeit von externen IT-Dienstleistern und die Konzentration auf Standardsoftware erhöhen das systemische Risiko im Falle eines Cyberangriffs oder einer Störung.

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) reagiert darauf mit dem Fokus auf die digitale operationelle Resilienz, insbesondere durch die DORA-Verordnung, die ab 2025 gilt. Finanzunternehmen sind verpflichtet, IKT-Risikomanagementrahmen und Business Continuity Management zu implementieren. Obwohl das Sondervermögen die Anleger im Falle der Insolvenz der Bank schützt, kann die fehlende digitale Resilienz die Liquidität und die Verfügbarkeit der Vermögenswerte des Anlegers direkt beeinträchtigen. Operative IKT-Risiken transformieren sich somit unmittelbar in faktische Anlegerrisiken.